Dienstag, 6. Januar 2015

Von schwulen Nazis, deutschem Wein und den rosa Wolken des Holocaust: "Death In June"

"Untersuchung über den Stellenwert von Homosexualität, Faschismus und dem männlichenIndividuum im Werk der Band „Death in June“ unter besonderer Betrachtungdes Art-Works und der medialen Inszenierung“



Da ich in meinem Leben wahrscheinlich nicht mehr die große Lust verspüren werde, mich nochmal mit Death In June, Neofolk, schwulen Nazis, der Apokalypse und Dergleichen auseinanderzusetzen, stelle ich hier meine Arbeit dazu als Fragment kostenlos zur Verfügung.

Den kompletten Artikel gibt es hier zum kostenlosen Download: KLICK

Enjoy!

Es sei mir jedoch eine Anmerkung noch erlaubt.
Ich erachte für kommende Forschungen eine basale Trennung für unabdingbar. Die zwischen Apokalyptic-Folk und Neofolk!

Zum Apokalyptic-Folk rechne ich alle Bands aus dem „World Serpent Distribution“ Umfeld. Apokalyptic-Folk ist für mich primär ein Post-Punk-Phänomen, dessen geographische Lokalisierung in den Anfangsjahren eindeutig auf England liegt.
Neofolk ist, m.M.n., primär als eine dominant (ost)deutsche Interpretation der Elemente des Apokalytptic-Folk zu werten, indem dessen Motive mit Motiven der deutschen Romantik, heidnischen Religionsfragmenten und zum Teil völkischen Ideologiefragmenten verschmilzen.

„Death In June“ in dieser Bipolarität zu begreifen fällt gerade, angesichts des aktuellen Ausverkaufs, reichlich schwer; geht es hierbei doch letztendlich nur noch um Kommerz, nicht aber künstlerischen Diskurs. Letztendlich beantwortet Douglas Pearce sein Credo „What Ends When The Symbols Shatter?“ selbst: Money. Und das passt dann doch irgendwie auch wieder...

Neuere Bands wie „Cult Of Youth“, „Chelsea Wolfe“, „Blood And Sun“ oder „King Dude“ stehen hierbei, wiederum m.M.n., dem Apocalyptic-Folk sowohl musikalisch, als auch inhaltlich, deutlich näher, da sie Elemente, wie Runen, Mythologie und materialistische Elemente mehr als punkartige Provokation einsetzen, denn als ernstgemeinte Diskursobjekte.





Wer Anmerkungen, Diskussionsbedarf oder üble Beschimpfungen hat, kann mich aber gerne anschreiben. In einsamen Nächten beschäftigt mich das Thema eben doch noch manchmal.


:Heilige: oder so :)


Die vollständige Arbeit als kostenloser Download: Hier

It's a womans world

Quentin Tarantinos Film „Death Proof“ als filmischer Diskursraum über die Heteronormativität des amerikanischen Action-Kinos

Den kompletten Artikel als kostenlosen Download gibt es 


Es gibt wohl derzeitig kaum einen Regisseur im internationalen Filmmarkt, dessen Filme so sehnsüchtig erwartet werden wie die Quentin Tarantinos!
Als Wunderkind der 1990er Jahre gefeiert und von Kritikerinnern und Kritikern, sowie dem Gros der Fans, für Filme wie „Reservoir Dogs“1, „Pulp Fiction“ oder auch „Inglorious Basterds“ heiß geliebt. Ein Mann, den nicht nur das Feullition, sondern auch der gesellige Bierabend gleichermaßen zu ihrem ganz eigenen Gott der Popkultur erhoben hat. Ein Mann, der fast immer gleichrangig mit seinen Film in das Licht der Öffentlichkeit gerückt wird, gerade eben weil Tarantinos Filme, anders als die in mannigfaltiger Arbeitsteilung produzierten amerikanischen Megablockbuster, wie zum Beispiel Marvels „The Avengers“, doch immer noch, obwohl sie unter ähnlichen Bedingungen der Produktion entstehen, eine ganz starke und auch sehr eigene Handschrift tragen: Die Quentin Jerome Tarantinos.



Tarantino schaffte es, mit vergleichsweise nur wenigen Filme, einen sehr eigenen Stil zu kreieren, der seine Stärken weniger in der Narration, noch in unkonetioneller künstlerischer Gestaltung seiner Werke, entfaltet, denn vielmehr in einer Technik, die Tarantino konsequent in jedem seiner Filme anwendet: Das Zitat.
Tarantino ist ein Meister in der Bezugnahme auf andere Produkte und Artefakte der Populärkultur und immer wieder schafft er es, diese Bezugnahmen nicht als blanke und einfallslose Plagiate erscheinen zu lassen, sondern als durchdachte und immer wirksame Zitate an die Popkultur einer Welt, die nach 1945, gerade auch kulturell, stark von Prozessen der Globalisierung beeinflusst und geprägt wurde. Tarantino ist per se der Endpunkt dieser Entwicklung, kennen seine Filme doch keine kulturellen Grenzen mehr und sind glokale Hybride aus den verschiedensten global vorfindbaren künstlerischen Strömungen. Ein Western mit Elementen des japanischen Samurai-Kinos? Bei Tarantino kein Problem, denn vielmehr eine Frage der stilvollen Inszenierung.
Im Vordergrund des Interesses von Tarantino stehen hierbei aber fast immer eher unbekannte Werke und Artefakte, allen voran solche, die gemeinhin mit dem amerikanischen B-Movie Kino der 1960-1980er Jahre assoziiert werden.
Diese Vorliebe kann aber, im Besonderen unter Bezugnahme auf Tarantinos späteres Schaffen, nicht sonderlich verwundern, ist es doch gerade eben dieses Underground-Kino, dass immer auch zur medialen Konstituierung subkultureller Bewegungen, ganz im Sinne Helmut Berkings Theorie der partizipativen Identitäten, beitrug. Als Beispiel kann hier die kollektive Subjektgenese der entstehenden schwarzen Mittelschicht in den USA angeführt werden, die sich auch im Blaxploitationkino der 1960-1980er Jahre vollzog2. Von den Auswirkungen der, sogenannten, amerikanischen Midnight-Movies auf die Konstituierung früher subkultureller Strömungen, wie die der Hippie-Kultur, ganz zu schweigen3.
Das für Tarantino diese, metaphysisch vermittelte, Ebene der Emanzipation eine nicht zu unterschätzende Bedeutung beseitzt, zeigen im Besonderen seine Filme, die nach dem Megaerfolg „Pulp Ficition“, der Tarantino eine goldene Palme in Cannes bescherte, folgten. Hierzu aber an späterer Stelle mehr.
Tarantinos erste Filme, also besagter „Pulp Ficition“ und dessen Vorgänger, „Reservoir Dogs“, sind vor allem eines: Bildgewordene Diskursräume über den Status Quo der Popkultur zu Beginn der 1990er Jahre4. Beide Filme warten hierbei nicht mit einer großangelegten Narration auf, noch entfalten sie charakterliche Dramen. Auch sind Action-Elemente und Momente in diesen Filmen eher selten, wenn dann aber, durch die extrem inszenierte Gewalt, von hochgradiger Körperlichkeit geprägt, was sie oftmals, ganz im Geiste der Seduktions-Theories Marcus Stigleggers, zu stark seduktiven Momenten formt5. Die Essenz der Filme liegt aber weniger in diesen seduktiven Momenten, noch in der, wie bereits obig dargestellt, eher minimalistischen Handlung. Vielmehr ist es die Art der Inszenierung: Allen voran die mäandernden Dialoge der Protagonisten und Protagonistinnen und der Einsatz von Musikstücken zur Untermalung der Szenarien.
Da die AkteurInnen innerhalb der Dialoge in hohem Maße entweder im Generellen über Konsumgüter oder über Musik im Spezifischen diskutieren, entsteht, im Zusammenspiel mit der restlichen Inszenierung, eine filmisches Artefakte, dass auf mehren Ebenen seines Seins als Diskursraum für populäre Kultur fungiert. Die filmische Inszenierung und die, auch durch die Dialoge evozierte, Narration stehen hierbei in einem, nicht voneinander trennbaren, Wechselspiel. Hinzu kommt zum Teil die symbolische Verschlüsslung eben dieser Diskursräume; in Form des Zitats. So bedürfen Tarantinos Filme ein enormes Wissen über die verschiedensten Artefakte der populären Kultur, um in ihrem symbolischen Gehalt entschlüsselt werden zu können. Ein Umstand, der sicherlich auch für die Popularität seiner Filme sorgt, was nicht zuletzt an der Tatsache abgelesen werden kann, dass selbst größere Magazine, nach Erscheinen eines neuen Tarantino Films, Artikel veröffentlichen, die die Bezugspunkte und Bezugssysteme in dem jeweiligen Tarantino-Streifen offenlegen.

Bei „Reservoir Dogs“ und „Pulp Fiction“ ist die Gesamtheit der Inszenierung vor Allem eine solche, die per se die kühle und glänzende Oberflächlichkeit der 1990er Jahre reproduziert, die sich gerade eben dominierend im Moment des ungebändigten Konsums manifestiert. In gewisser Hinsicht sind die frühen Streifen Tarantinos hierbei sehr ähnlich zu den frühen literarischen Werken des amerikanischen Autors Breat Easton Ellis, allen voran dessen Werken „Less Than Zero“, oder dem berühmten „American Psycho“, dass unter gleichem Titel verfilmt wurde.
Auch die Werke des jungen Chuck Phalahiniuck weisen in ihrer Darstellung eine gewisse Ähnlichkeit auf, auch wenn die Akteure hierbei zumeist eine Rebellion oder Flucht als Ausweg und Gegenweg bezüglich dieser, vom Konsum bestimmten, gesellschaftlichen Ordnung versuchen.

Bei Tarantino jedenfalls führt diese Inszenierung dazu, dass wir bei „Reservoir Dogs“, in Designer-Anzüge gekleidete, Gangster dabei beobachten, wie eben diese, unter Einsatz psychischer und physischer Gewalt, versuchen herauszufinden, wer sie bei einem geplanten Juwelenraub an die Polizei verraten hat. Dabei zeigen die Gangster alles: Stil, Modebewusstsein, Manieren, ein außerordentliches Wissen um Artefakte der populären Kultur – eines aber nicht: Emotionen!
Auch der folgende Film, „Pulp Ficition“, widmet sich dieser Leere der 1990er Jahre, auch wenn sie hierbei, gründend in der anachronistischen Montage der Narration, nicht so offensichtlich erscheint.



Tarantinos dritter Film, „Jackie Brown“, bricht, wenn auch unter starker Beibehaltung der, für Tarantino so eigenen Art der Inszenierung, mit vielen dieser, in den ersten beiden Filmen gesetzten, Normationen.
Diese Brüche sind dominierend durch Tarantinos sehr starke Bezugnahme auf das amerikanische Blaxploitation-Kino6, spezifisch die Filme der schwarzen Darstellerin Pam Grier, die auch in „Jackie Brown“ die Hauptrolle übernimmt, begründet.
Sich aus dem Umstand generierend, dass eben diese Blaxploitation-Filme immer auch Filme über die emanzipative, oftmals weibliche, Subjektgenese waren, handelt auch Tarantinos Filme von einer Frau, die sprichtwörtlich, ihren Mann in einer männerdominierten Lebenswelt stehen muss. Hinzu kommt, dass „Jackie Brown“ eine relativ freie Romanerzählung als Grundlage hat, was zu einer, für Tarantinoverhältnisse, durchaus komplexen Narration führt.
„Jackie Brown“ begründet hierbei eine Linie starker Frauenfiguren in den Filmen Quentin Tarantinos. Diese Linie reicht dabei über die Filme „Jackie Brown“, „Kill Bill“, findet ihren symbolischen Höhepunkt im Film „Death Proof“ und ist selbst noch in Tarantinos Auseinandersetzung mit dem Naziexploitation-Kino, dass Marcus Stiglegger so passend als “Sadiconazista“ eingrenzte, dem Film „Inglorious Basterds“, in Form der jüdischen Kinobesitzerin, präsent.
Wo allerdings die weiblichen Hauptfiguren in „Jackie Brown“, gleichnamige Jackie Brown, und in „Kill Bill“, Beatrix Kiddu aka. Die Braut, eine Art habituelles Cross-Dressing betreiben, da obliegt der Sachverhalt im Film „Death Proof“ doch anders. Doch vorerst kurz zurück zu „Jackie Brown“ und „Kill Bill“:

Beide Filme, also „Jackie Brown“ und „Kill Bill“, handeln grundlegend von zwei Frauen und ihrem Kampf gegen eine heteronormativ geordnete Welt. Die Erstere, Jackie Brown, versucht in eben dieser Welt das FBI, dass sie beim Schmuggeln von Drogen ertappt hat und, darin begründet, versucht sie als verdeckte Ermittlerin einzusetzen, und den Drogenboss, für den sie nebenbei arbeitet, gegeneinander auszuspielen, um an einen größeren Geldbetrag zu kommen.
Auffällig ist, dass neben Jackie Brown in dieser Welt nur eine einzige Akteurin agiert, die Freundin des Drogenbosses, die sich munter und freimütig durch den Freundeskreis ihres Bosses und Geliebten schläft und per se eine Art „dummes Blondchen“ ausformuliert. Alle anderen Akteure sind, zumeist von Macht korrumpierte, Männer, die in der Beschaffung von noch mehr Macht ihre Erfüllung suchen und damit letztendlich symbolisch auch eines verkörpern: Das Paradox, sich phallozentrisch orientierender, männlicher Machtstrukturen, die sich immer nur in einem Mehr an Macht generieren können.
In „Kill Bill“ hingegen rächt sich die Hauptdarstellerin an ihrem ehemaligen Arbeitgeber und Exgeliebten, dem Chef eines Killerkommandos: Dem namensgebenden Bill.
Eben jener hatte, zusammen mit dem, ihm untergebenen, AuftragsmörderInnen versucht, sie und und ihre, zu diesem Zeitpunkt ungeborene Tochter, zu töten.
Während „Jackie Brown“ die Mechanismen seiner Inszenierung und die Stereotypen innerhalb seiner Narration vorwiegend im Blaxploitation-Kino, zu dem allein die Haupdarstellerin, die Ikone diverser Filme dieses Genres, starken Bezug herstellt, gründet, da ist „Kill Bill“ hingegen eher ein geschicktes filmisches Spiel mit den Geschlechterrollen in den Genres des Western und des Eastern. Angemerkt sei hier jedoch, dass die Kategorisierung Eastern stark eurozentrisch bzw. amerikanzentristisch motiviert ist und per se verschiedenste Genres des japanischen, asiatischen und auch koreanischen Films, in grober Art und Weise, zusammenfasst.
Passend ist dieser Ausdruck jedoch gerade in Bezugnahme auf Tarantinos „Kill Bill“, da eben dieser Film, im Besonderen sein erster Teil, „Kill Bill Vol.I“, filmisch alles zitiert, was diesen Ländern entstammt.
Die Hauptakteurin nimmt innerhalb dieser Filme die Rolle des, sonst zumeist männlich besetzten, Helden ein und löst ihre Probleme durch eine mimetische Aneignung der männlichen Handlungsmuster, die sie mit ihrer weiblichen Identität hybridisiert. Dieses Hybridwesen in „Kill Bill“ ist letztendlich in der Lage, ihre Widersacher zu besiegen, was sie letzten Endes in die Lage versetzt, zu ihrer Mutterrolle zurückzukehren. Das nur am Rande: Die Tochter ist nämlich nicht, wie seit Beginn des Filmes vermutet, tot, sondern lebt bei Bill, ihrem Ersatzvater. Auffällig ist bei „Kill Bill“ zu Einen die Evolution der Hauptakteurin, anderseits die anderen weiblichen Akteurinnen, die eben diese Entwicklung zum Teil schon erfolgreich vollzogen haben.
Besonders deutlich wird dies an der Entwicklung der Killerin Oh-Ren-Ishi, einem Mitglied von Bills Kommando, die zugleich eine führende Rolle in der japanischen Mafia, der Yakzua einnimmt. Ihr Vater wurde, das erzählt uns der Film in einer Rückblende, von Mitgliedern eines feindlichen Clans getötet. Ishi wird daraufhin zuerst Auftragsmörderin, tötet dann die Peiniger ihres Vaters und schwingt sich letztendlich, vollends das anarchistische Wesen der Macht, ganz getreu de Sade, kostend, zur Anführerin aller Yakuza-Clans auf. Ihren symbolischen Höhepunkt findet diese Entwicklung in einem Akt tiefster Körperlichkeit. Ein Mitglied beschimpft und reduziert Ishi bei einer Versammlung als Frau und Hure. Diese enthauptet daraufhin diesen Mann, womit die Diskussion ein für alle Mal als beendet angesehen werden muss. Ishi ist nicht mehr länger nur „eine gewöhnliche Frau“, als die sie der Mann beschimpfte, sie hat sich erfolgreich einen männlich-phallozentrischen Habitus angeeignet. Eben diese Melange aus Weiblichkeit und kriegerischer Männlichkeit ist es, parallel zu Hauptakteurin, die ihre Macht konstituiert.


In „Death Proof“ führt Tarantino diese Auseinandersetzung um die Heteronormativität der Bilder des, vorwiegend amerikanischen, Kinos nochmals einen symbolischen Schritt weiter: Dieses Mal bedient er sich jedoch nicht einer emanzipatorischen Vorlage aus dem schwarzen Underground-Kino, noch zwingt er seine Charaktere innerhalb der Narration zur mimetischen Aneignung männlicher Handlungsmuster, jenem Prozess, den ich zuvor, in Bezugnahme auf Siegfried Kaltenecker, als eine Form des pervertierten Cross-Dressings beschrieb7. Tarantinos Film „Death Proof“ ist vielmehr, wenn auch rein symbolisch, ein Kampf um die normativen Implikationen der filmischen Vorbilder. Ganz im Sinne Michel Foucaults muss der Film, beziehungsweise die Rezeption des Artefakts Film, hierbei als etwas definiert werden, dass die Rezipientinnen nicht, wie Formen aus Wachs, ganz seinem Willen folgend, modelliert, sondern immer als etwas, dass auf ein bereits vorhandenes Sein stößt und mit diesem in Wechselwirkung gerät.

Quentin Tarantinos „Death Proof“ erschien hierbei in den USA als ein Teilfilm des Filmprojektes „Grindhouse“. Eben dieser Film „Grindhouse“8 bestand aus zwei Teilfilmen. Zum Einen Tarantinos „Death Proof“, zum Anderen der Film „Planet Terror“, realisiert von Robert Rodriguez, mit dem Tarantino bereits zuvor an mehren Projekten, unter anderem dem bekannten Streifen „From Dusk Till Dawn“, gearbeitet hatte. Zusammengefasst wurden die beiden Filme durch gefakte Trailer für andere Filme, die so aber niemals realisiert werden sollten. Ziel des Projektes war es, eine filmische Hommage an das amerikanische Grindhousekino, dass B-Movies eben vielfach in Doppelvorstellungen zusammenfasste, zu erschaffen. Die Aneignung dieser Konzeption ging bei Quentin Tarantino und Robert Rodriguez sogar soweit, dass das digitale Filmmaterial mit den, für analoges Filmmaterial, typischen Beschädigungen und Effekten der Alterung versehen wurden. Ein fingierter Filmriss inklusive.
In Deutschland kam das Projekt so allerdings nicht in die Lichtspielhäuser. Die beiden Filme wurden voneinander getrennt, in ihren Szenen erweitert und dann jeweils einzeln im Kino und auf DVD veröffentlicht. „Planet Terror“ ist in dieser Fassung in Deutschland später sogar indiziert wurden und darf seitdem nur noch an Volljährige vertrieben werden. Die Grindhouse-Fassung, die interessanterweise so nicht indiziert wurde, wurde erst Jahre später auf DVD veröffentlicht.



Tarantinos „Death Proof“ wird innerhalb dieses Essays in eben dieser erweiterten Version, ohne Bezugnahme auf „Plant Terror“, Behandlung erfahren. Es sei vielleicht hier schon angeführt, dass „Death Proof“ sowohl von Fans, als auch von KritikerInnen als Tarantinos schlechtester Film gehandelt wird. In der „International Movie Database“ kumuliert der Film bei einer Bewertung von 7,3 Punkten auf einer Richterskala von 1(schlecht) bis 10 (sehr gut). Ein miserabler Wert im Vergleich zu Tarantinos anderen Filmen, die alle eine Wertung von <8 Punkten erreichen.
In gewisser Hinsicht ist „Death Proof“ hierbei mit David Cronenbergs „M. Butterfly“ vergleichbar der ebenso floppte und bei dem die Kritik, gleichgeartet wie bei „Deat Proof“, vermeidliche Fehler innerhalb der Inszenierung beklagte, die doch immer vielmehr eines waren: Filmische Diskursräume um die Normativität der Bilderwelten.
Was Tarantinos „Death Proof“ aber von Cronenbergs „M.Butterfly“ unterscheidet, ist eine retroperspektivisch vorgenommene Rehabilitierung, wie jüngst von Jochen Diestelmeyer im Sammelband über Cronenberg bezüglich „M.Butterfly“ vollzogen9.

In der Tat bietet „Death Proof“, zumindest narrativ, wenig. Der Film lässt sich, grob zusammenfassend, in zwei große Handlungsteile differenzieren. Beide Teile handeln von zwei verschiedenen Frauengruppe, die jeweils mit dem Mörder „Stuntman Mike“ konfrontiert werden.
Der ersten Gruppe von Frauen folgen wir hierbei bei einem, scheinbar gemütlichen, Abend zu einer Kneipe und den dortigen Erlebnissen. Diese Erlebnisse erstrecken sich aber, wie sollte es anders sein, auf das trinken alkoholischer Getränke, das flirten mit allerlei männlichen Publikum und dem Austausch von Small-Talk. So erfahren wie, als was die Frauen arbeiten, mit wem und warum sie mal Sex hatten, oder was für Alkohol sie mögen oder eben auch nicht. In der Bar sitzt neben der Gruppe Frauen und den bereits erwähnten Männern auch eben jener „Stuntman Mike“, dessen richtiger Name im Film selbst nicht genannt wird. Mike ist allein von seiner äußeren Inszenierung ein kitschiges Relikt aus den 1980er Jahren und wird Kongenial von Kurt Russel im Film verkörpert.
Getragen wird dieser Teil der Handlung von einer Wette, die die Mädchen zu Beginn des Films bei einer Autofahrt besprechen. Eine der Frauen, genannt „Jungle Julia“, die als Moderatorin für das Radio arbeitet, hat in einer ihrer morgendlichen Sendungen verkündet, dass eine ihrer Freundinnen, Butterfly, einem Fremden einen Lap-Dance, eine sehr intime Art des Tanzes, gibt, wenn dieser ihr einen Trink spendiert und dazu ein, vorher festgelegtes, Gedicht aufsagt. Selbstredend ist es eben dieser Tanz und die Person, die eben jenen Tanz einfordert, die die Spannungskurve des gesamten ersten Teils bestimmt, wobei relativ schnell feststeht, dass kein anderer als „Stuntman Mik“ eben diese Person sein wird. Der Logik der Narration folgend, dauert es aber relativ lange, bis der Film diesen ersten Höhepunkt zusteuert. Mike bekommt, fast zum Ende des ersten Teilabschnittes des Films, seinen Tanz kredenzt. Dieser Tanz ist, hierbei kann wieder auf Stigleggers These der Seduktion, die den Film ja als eine Art der Verführung begreift, Bezug genommen werden10, ein erster großer Moment der Seduktion, der über eine Inszenierung extremer Körperlichkeit erfolgt. Bewusste Anklänge an den pornographischen Film inklusive.
Am Ende des Films überredet Mike eines der Mädchen mit ihm nach Hause zu fahren. Der Rest tritt, leicht berauscht, den Heimweg im eigenen Auto an. Mikes Auto entpuppt sich hierbei als der, für ihn namensgebende Moment: Ein Stuntauto, dass durch diverse Verstrebungen, einen internen Käfig und andere Extras todsicher gemacht wurde – Death Proof.

Das Mikes Pläne sich hierbei nicht auf die bloße Rolle des Taxifahrers beschränken, dürfte den Zuschauerinnen und Zuschauern lange vor dem Fahrtantritt klar gewesen sein und so folgt einer der ersten blutigen Höhepunkt des Films, in dessen Verlauf alle Gruppenmitglieder ein grausamer Tod ereilen wird.
Mike tötet zuerst seine Beifahrerin durch starkes Beschleunigen und Abbremsen, was dazu führt, dass deren Schädel effektvoll an der verstärkten Windschutzscheibe zerspringt! Im Anschluss an diese Tat provoziert Mike einen Frontalzusammenstoß mit der Gruppe, die sich im Auto auf dem Heimweg befindet. Dieser Frontalzusammenstoß führt dazu, dass Mikes Auto praktisch durch das Auto der Frauengruppe stößt, was letztendlich zur Folge hat, dass deren Leiber in kleine Stücke zerrissen werden und blutig detailliert über den Highway verteilt werden.
Tarantino inszeniert diese Szene zeitlich sehr ausgedehnt und in mehrfacher Wiederholung und mit einem großen Fokus auf die Details des blutigen Aktes selbst.
Mike überlebt diesen Unfall leicht verletzt, wie eine kurze Folgeszene zeigen wird. Jedoch widmet sich der Rest des Films nicht der polizeilichen Jagd nach dem brutalen Mörder, sondern einer anderen Frauengruppe, die gleich zu Beginn ihres Tages Bekanntschaft mit dem stuntautofahrenden Psychopathen macht.
Auch der zweite Teils des Filmes handelt hierbei von einer Gruppe von Frauen, denen wir durch ihre Erlebnisse an einem Tag folgen. Höhepunkt dieses Tages ist für einen Teil der Frauen eine Anzeige in einer örtlichen Zeitung, die einen alten amerikanischen Sportwagen zum Verkauf anbietet. Die Gruppe fährt zu eben jenem Verkäufer und verpfändet dort, um eine Probefahrt unternehmen zu dürfen, eines ihrer Mitglieder.
Der Rest der Gruppe begibt sich auf eine Probefahrt, die gespickt ist mit einem halsbrecherischen Stunt, bei dem sich eine der Frauen, zwecks Nervenkitzel, mittels Gürteln auf die Motorhaube schnallen lässt.
Diese Situation nutzt Mike, der die Gruppe seit Beginn des Tages verfolgt hat, aus und versucht, mittels gezielten Rammens, das Auto der Frauengruppe zum Verunglücken zu bringen. Durch das fahrerische Geschick einer der Frauen misslingt dieser Plan aber gehörig und Mike wird sogar in einer, an die Auseinandersetzung mit den Autos folgenden, körperlichen Auseinandersetzung gefährlich verletzt. An dieser Stelle wird dann der Jäger zum Gejagten und die Frauen setzen von nun an alles daran Mike zu stellen und ihrer Rache zu unterjochen. Nach einer spektakulären Verfolgungsjagd via Auto gelingt ihnen dies letztendlich auch. Mike wird verletzt und wimmernd aus dem Auto gezogen, von den Frauen verprügelt und letztendlich durch den heftigen Einsatz von Faust- und Fusshieben getötet.

Jedoch vollzieht sich diese, auf den vorherigen Seiten knapp skizzierte, Handlung auf einer symbolisch stark kodierten Ebene. Und es ist eben genau diese Dimension der symbolischen Kodierung, die aus „Death Proof“ einen komplexen Diskursraum macht, indem Tarantino, gerade auch durch die Konstruktion und den Ablauf seiner Narration, zum Teil argumentative Strukturen entfaltet. Um dies aber zu begreifen ist es vorerst von Nöten zu erfassen, in was für Wurzeln „Death Proof“ gründet: Tarantino bezieht und bedient sich für „Death Proof“ dominierend bei einer weiteren Unterkategorie des amerikanischen Exploitation-Kinos, dem so genannten Car-Exploitation - oder kurz: Carploitation. Filme, die am stärksten in einem Zeitraum der später 1960er bis Ende der 1970er Jahre produziert wurden und neben ihren, fast immer männlichen, Hauptdarstellern immer weitere Hauptdarstellern, in Form stählerner, hochgezüchteter amerikanischer Muscle-Cars, hatten. Die Storylinies der Filme waren dann zumeist auch mehr oder minder geschickte Versuche, die Autos in spektakuläre Stunts und Verfolgungsjagden zu involvieren, was letztendlich dazu führte, dass der männliche Held Problem XY unter zur Hilfenahme seiner Fahrkünste und seines Automobils lösen müsste und auch konnte.

Bekannteste Vertreter dieser Art von Filmen sind sicherlich Peter Yates „Bullit“ aus dem Jahr 1968. In den Hauptrollen Steve McQueen und ein Ford Mustang. Richards Sarafians „Vanishing Point“ aus dem Jahr 1971, dessen bekanntester Darsteller nicht menschlicher, denn eher maschineller Natur ist: Ein Dodge Challenger. Selbstredend H.B. Halickis „Gone In 60 Secounds“ aus dem Jahr 1974, der Jahrzehnte später nochmal unrühmlich mit Nicolas Cage in der Hauptrolle remaked wurde, und der, ähnlich wie „Bullit“ eines etablierte – einen Kult um den Ford Mustang. Hierbei im konkreten um das Modell „Elanore“.
Seinen, wenn auch nicht autofixierten, Höhepunkt findet das Genre, in gewisser Art und Weise, in dem, von Regie-Legende Sam Peckinpah inszenierten, Streifen „Convoy“. „Convoy“ handelt hierbei von einer Grupper Trucker, die sich, selbstverständlich unter zur Hilfenahme ihrer Trucks, gegen einen korrupten Sheriff zu Wehr setzen. Als Vorlage für die Narration des Films diente, interessanterweise, ein gleichnamiger Country-Song von C. W. McCall.



„Convoy“ entwickelt hierbei eine, durch die vorherigen Filme manifestierte, Bilderwelt konsequent weiter und bringt sie, letzten Endes, zu einer Art des Höhepunkts, indem alles kumuliert, was die filmischen Bilder zu erzählen vermögen. Am Bedeutendsten bezüglich all dieser Filme ist sicherlich zuerst, dass neben den männlichen Helden innerhalb der Filme die Autos, beziehungsweise bei „Convoy“ die schweren LKWs, heimliche Hauptdarsteller der Filme sind. Sie dominieren die Filme, gerade eben auch durch die Szenen, die sie bestimmen - die Verfolgungsjagden und Stunts - die in den Filmen oftmals die Höhepunkte abbilden und ganz im Sinne Stigleggers als Spektakel Inszenierung finden und zumeist eine konsequente Anordnung von Affektbildern darstellen. Da die Fortbewegungsmittel Zeit der gesamten Narration als eben mehr inszeniert werden, was sie eigentlich sind, nämlich Mittel zur Fortbewegung, kommt eben diesen Spektakelszenen zudem eine extreme Körperlichkeit zu.
Die Autos werden personifiziert und ihre Karossen werden innerhalb des Films zu symbolischen Körpern, die in den Action-Szenen einem destruktivistischen Körperkino ausgesetzt werden. Das eventuell die Fahrer der Karossen sterben, wenn auch nur filmisch, ist, ab diesem Moment, nicht mehr von immanenter Bedeutung, da das Verletzen und die Zerstörung des symbolischen Körpers im Zentrum der Inszenierung steht.
Es ist hierbei mehr als offensichtlich, dass die Filme, im Zuge eben dieser Inszenierung, auf symbolischer Ebene auch zugleich einen starken Fortschrittsglauben ausformulieren, indem die Technik, symbolisiert durch das Auto oder den LKW, diesen Glauben an die Kraft der Moderne versinnbildlicht: Der Mann und die Maschine im Kampf.
In Gewisser Hinsicht wird hierbei Ernst Jüngers Entwurf vom Menschen, der in den Stahlgewittern des ersten Weltkrieges seine Subjektgenese und Vergesellschaftung erlebt, ideologisch weitergeführt und positivistisch umdefiniert11. Die Technik ist nicht mehr ein Moment, die der Mensch überstehen muss, weil sie ihn eben ohne größere Anstrengung zu töten vermag, sondern wird vielmehr zu einem Sein, mit dem der Mensch verschmelzen kann, um zu wachsen. Was diese Filme also auch vorwegnahmen, ist Donna Harraways Idee des Cyborgs. Denn nichts anderes sind die Hauptakteure in eben diesen Filmen: Menschliche Wesen, verschmolzen mit der Technik der Autos. Auffällig ist hierbei jedoch, dass all diese und seien sie noch so positiv konnotierten, Symbole eine stark männliche Determinierung besitzen. Die männlichen Helden sind dem Männlichen, allein durch ihre geschlechtliche Zuordnung, immer mehr als eindeutig zugeordnet. Hinzu kommt eine Inszenierung eben dieser Charaktere, die ein zutiefst männlich geprägtes Gender ausformulieren. Aber auch das Auto und noch stärker der LKW im Film „Convoy“ muss als direktes Symbol für phallozentrische Männlichkeit definiert werden: Wo der LKW, durch seine Funktion als Lastenauto, noch einen Bezug zur, männlich geprägten, Kraft zur Gestaltung der Natur besitzt, da sind die PS-strotzenden amerikanischen Muscle-Cars, die nur noch Simulakren eben dieser Kraft zur Naturgestaltung abbilden12. Sie haben keinen Sinn mehr außer dem, die männliche Kraft und Stärke zu symbolisieren. Stärke und einen Willen zur Macht - gepresst in Zylinder, Motordichtungen und Stahlrahmen.
Das Auto symbolisiert hierbei auf mannigfaltige Art und Weise Zuschreibungen von männlichem Gender: Es ist zum Einen, wie bereits zuvor in Bezugnahme auf den LKW ausgeführt, immer noch ein Symbol, dass entfernt an den Willen zur Beherrschung der Natur erinnert. Das Auto ist per se Exekutor einer männlichen Kultur. Dies wird gerade eben in den Filmen immer dann sichtbar, wenn das Auto, beziehungsweise der LKW, zum Einsatz kommt: Das Auto dient immer der Eliminierung derjenigen, die sich der Ordnung des männlichen Helden und damit seiner Vorstellung von Kultur und Gesellschaft widersetzen. Diesem Umstand folgend ist das Auto letztendlich auch Symbol und Exekutor einer heteronormativen Gesellschaftsordnung und damit zusammenfassend dominierend eins: Ein stahlgewordenes Symbol für den Phallus. Ein Umstand, an den uns allein die Formgebung des Autos immer erinnert.

Das Car-Exploitation-Kino ist, zusammenfassend summiert, im Gegensatz zu seinen emanzipatorischen Brüdern und Schwestern, wie dem Blaxploitation, im Gesamten betrachtet, gerade auf seiner symbolischen Ebene, ein zutiefst regressiv determiniertes Kino. Ein Kino, dass ähnlich dem amerikanischen Western die Konstituierung einer heteronormativen Gesellschaftsordnung symbolisch be- und verarbeitet und somit auch immer Eines ist: Filmische Inszenierung einer, von Männer dominierten, Kultur. Gleichgeartet dem amerikanischen Western, der nach Jörn Ahrens13 auch immer ein Diskursraum über die aktuellen Prozesse der Konstituierung von Gesellschaft ist, sind es eben diese Filme, die die Macht der Imagination des Phallus in einem filmgewordenen Diskursraum behandeln.

Auch in Tarantinos „Death Proof“ sind all diese Elemente, wenn auch zum Teil in transformierter Form, vorzufinden. Im Gegensatz zu den obigen Filmen geht es Tarantino aber in seinem Werk vielmehr um den Diskurs der Symbole und ihrer Bedeutungen. Parallel zu Filmemachern, wie dem Amerikaner Oliver Stone, ist Tarantinos Film auch nicht vollends als reiner Spielfilm zu definieren, sondern bildet vielmehr eine Art des Essaysfilms ab, indem Tarantino explizit, wenn auch symbolisch codiert, Stellungnahme bezieht. Das eben diese Art der filmischen Argumentation, ganz im Sinne von Dieter Merschs „Logik des Bildlichen“ auf einer rein symbolischen Ebene funktionieren kann, soll im Folgenden aufgezeigt werden.

Die offensichtlichsten Symbole, die Tarantino aus den Vorbild-Filmen übernimmt, sind die Autos. Obwohl sein Film in einer Zeit spielt, in der Handys bereits verfügbar sind, greifen die AketuerInnen allesamt auf Automobile zurück, die denen der Vorbilder entsprechen, also zum Zeitpunkt der fiktiven Narration, aller Wahrscheinlichkeit nach, schon ein paar Jahrzehnte auf dem Buckel haben und, gerade deswegen, eine Art Reliktstatus entfalten. Auch die Inszenierung der Autos ist eine gleiche, wie in den Filmen, an denen Tarantino sich orientiert. Die Autos, auch wenn sie bei Tarantino zum Teil von Frauen gefahren werden, sind Fetisch-Objekte und Ikonen. In ihnen ist auch bei Tarantino die Gewalt und der Wille seine Umwelt zu beherrschen manifestiert und sprichwörtlich in Stahl gegossen wurden. Die Autos sind auch in „Death Proof“ immer mehr als ein Mittel, um von Punkt A nach Punkt B zu kommen. Sie sind der formgewordene Glauben an die emanzipatorische Kraft der Technik.
Auch eine Art des männlichen Heros findet sich in „Death Proof“. Dieser Heros ist aber nicht mehr der, vor Kraft und Tatendrang strotzende, Held der frühen Filme, vielmehr ist er eine pervertierte Art eben dieser, einst so glorreichen, Vorbilder: Stunman Mike.
Mike wird im Film, allein durch sein Äußeres, eine kitschige Manifestation modischer Irrwege aus den 1970-1980er Jahren, als eine Art historisches Relikt gekennzeichnet. Eine Art Dinosaurier, der doch den großen Knall überlebt hat und nun als einsamer Wolf durch die Lande zieht. Einziger Vertrauter in dieser Welt ist Mikes Auto, ein ehemaliges Stuntauto, dass, wie bereits geschildert, durch diverse Modifikationen so verändert wurde, dass es zum Einen nur von Mike gefahren werden kann und zum Anderen dem Fahrer und auch dem Fahrzeug selbst ermöglicht, selbst schwerste Kollisionen unbeschadet zu überstehen.
Mike und auch sein Auto in „Death Proof“ sind es dann auch, die innerhalb der Narration und der, durch diese geführten symbolischen Auseinandersetzung, den dominierenden Kristallisationspunkt abbilden. Obwohl es sich bei Mike auf den ersten Blick um einen typischen Antagonisten handelt, an dem sich die verschiedenen Gruppen „abarbeiten“ müssen, ist er doch in seiner symbolhaften Ausformung vorwiegend eins: Die leibgewordene Inkarnation männlicher Destruktion.
Anders als die Helden aus „Convoy“ oder „Bullit“ setzt Mike sein Können und seine Fähigkeiten nicht dazu ein, gegen Männer in einer, von Männer dominierten, gesellschaftlichen Ordnung zu kämpfen. Vielmehr fürchtet dieser Mike sich vor den Frauen und ihrem weiblichen Gender. Vor jenen Frauen, die in eben in diese Ordnung vorstoßen und den Anschein machen, sich in dieser Verankern zu wollen.
So wie im Mittelalter Frauen als Hexen gefürchtet und eliminiert wurden, weil sie als eine Imagination für Prozesse sozialer Kohärsion dienten, da ist es auch bei Mike das Weibliche, auf das er eben diese Prozesse sozialer Kohärsion projiziert. Mike ist in Tarantinos Film kein Mann der „einfach nur“ Frauen hasst. Vielmehr ist er und mit ihm sein Auto, das nicht zufällig von einem Totenschädel mit zwei Blitzen, die doch stark an das Logo der Waffen SS erinnern, geziert wird, der Exekutor einer phallozentrischen Gesellschaftsordnung.
Das Tarantino eben diese Ordnung aber für eine antiquierte erachtet, inszeniert er filmisch auf zwei verschiedenen Ebenen. Zum Einen ist es ist natürlich Mike der, nicht nur vom Aussehen, sondern auch von seinem physikalischen Alter und seinem Auftreten her wirkt, wie ein Relikt längst vergangener Tage. Diese filmische Inszenierung der Person ist hierbei die erste und zudem sehr offensichtliche Ebene. Eine zweite Ebene ist der Aufbau der Narration. Tarantino splittet seinen Film nicht zufällig in zwei verschiedene Frauengruppen, die jeweils mit Mike konfrontiert werden:
Die erste Gruppe ist hierbei jedoch eine, durch und durch regressive, Imagination von Weiblichkeit, die sich im Spiegel männlichen Begehrens entwirft und generiert.
So werden die Frauen innerhalb der Handlungen und Dialoge, durch die wir sie im ersten Teils des Films näher „kennenlernen“, hauptsächlich durch verschiedene Begehren definiert: Beziehungen zu Männern, das Verlangen nach Sex, Drogen und Partys und guten Jobs. Im Gesamten aber wird der Abend durch eben jene Wette bestimmt, die eine der Freundinnen mehr oder minder dazu zwingt, einem wildfremden Menschen einen sehr intimen Tanz im Gegenzug für ein Getränk zu geben. Per se auch ein Symbol, dass klare Beziehungsstrukturen zur Zwangsprostitution aufweist, da der Charakter, also die, die den Lapdance ausführt, im Film ihre habituelle Reputation nur durch die Ausführung eines stark heterosexistischen Aktes wahren kann. Das aber dieser Akt der Chimäre Mike zu Teil wird, der in den Frauen erst gar nicht das Objekt eines möglichen Begehrens erkennen kann, denn vielmehr den „Feind im eigenen Haus“, ist innerhalb der ersten Filmhälfte das große Paradox. Gerade jenes Objekt, also Mike, dass die Frauengruppe zur eigenen Subjektgenese braucht, ist es, das ihr Wollen und ihren Drang hin zu ihm, ablehnt und als Gefahr für die eigene Existenz umdeutet. Mike ist ein Wesen, dass total asexuell ist. Er hat sein sexuelles Begehren völlig degradiert und substituiert es durch den Akt des Tötens. Der anarchistische Rausch der männlichen Macht, die Zerstörung des ängstigenden Weiblichen ist es, dass Mike sucht und auch findet. Mike, der doch so konzentriert das heroische aus den frühen Car-Exploitation-Filmen in sich vereint, offenbart in seinem Sein die ständige Androhung der Eleminierung von weiblichen Elementen, die sich nicht in die phallozentrische Ordnung der Gesellschaft einpassen wollen. Einer Ordnung, die jene Helden der Filme exemplarisch manifestieren und symbolisieren.

Es kann letztendlich also nicht verwundern, dass Mike sein Ansinnen auf Destruktion in die filmisch-narrative Realität umsetzt. Das er dazu seines Autos bedarf, ist selbsterklärend, letztendlich ist Mike, ebenso wie seine Blaupausen, ein moderner Cyborg, der seinen Willen zur Macht nicht ohne die Maschine ausformulieren kann.
Tarantino überspitzt in seiner Darstellung und Inszenierung diesen Moment zusätzlich durch den Umstand, dass Mikes Auto ein Auto ist, dass nur auf eines ausgelegt ist: Zu Zerstören ohne zerstört zu werden. Hinzu kommt, dass jene Maschine nur noch von Mike persönlich bedient werden kann.
Und so kommt es, ziemlich zur Hälfte des Films, zum ersten großen Showdown, indem Mike frontal in das Auto der Frauengruppe stößt, um diese zu zerreißen. Dieser Akt der Destruktion unterliegt hierbei, nicht durch Zufall, einer zutiefst sexuellen Konnotation. Tarantino pervertiert hier Freuds Dualität von Eros und Thanatos und auch Batailles Idee von der Transgression durch Exzesse der Lust. Vielmehr wird der Akt bei Tarantino zu einem Akt, den die Cyborgs in ihren Maschinen ausführen und der, zwangsläufig, mit dem Tod enden muss. So ist es das starke Symbol des, herrschaftlich geprägten, Phallus, dass Mike verkörpert, dass in die Gruppe von Frauen stößt und diese, als per se im Akt selbst, tötet. Die Gruppe der Frauen kann sich dieser Hinrichtung nicht erwehren, da sie mit ihrem ganzen Verhalten zuvor auf die Aufmerksamkeit des männlichen Akteurs hingearbeitet hat. Letztendlich brauchte sie ja diesen männlichen Spiegel, um sich selbst in ihm zu erkennen. Mike hingegen benutzt den Akt letztendlich nicht zur Vereinigung mit den Frauen, denn vielmehr zur Exekution seiner heterosexistischen Ordnung.

Das Tarantino in dieser Szene die beiden Gruppen, Mike einerseits, die Frauen andererseits, in einen direkten, körperlich sehr stark seduktiv inszenierten, Kampf setzt, der mit dem Tod aller Frauen endet, ist zwar in Hinblick auf die Narration und auch die symbolische Argumentation, die diese entfalten soll, notwendig – die eine Gruppe Frauen muss, auch symbolisch von der anderen abgegrenzt werden und ihr Habitus diskreditiert werden.
Jedoch ist diese Szene auch ein Moment, in dem Tarantino in regressive Imaginationen von weiblichem Gender zurückfällt. Es muss, bezüglich dieser Inszenierung, ja festgehalten werden, dass Mike, gründend in der obigen Analyse, nicht allein als der Moment definiert, von dem das destruktive und frauenfeindliche Handeln ausgeht. Vielmehr wird der Frauengruppe, gründend in ihrem Verhalten, eine Art der Teilschuld zugewiesen. Im Besonderen konzentriert sich diese Art der Zuschreibung in der Funktion des Lap-Dances, den ja eine der Frauengruppe durchführen muss, um ihre Reputation innerhalb der Gruppe zu wahren, ganz in dem Wissen, dass sie hierbei ein Stück ihrer Selbstbestimmung für aufgeben muss. Das eben diese Frauengruppe dann, im Anschluss an diese Ereignisse, einen solch unerbittlichen Tod finden muss, ist eine radikale Kritik an eben dieser Einstellung der Frauengruppe. Sie ist in ihrer Ausformulierung sogar so radikal, dass sie nur noch die weibliche Selbstbestimmung und autonome Subjektgenese gelten lässt, alles andere aber, als Konstrukte und affirmative Mimesen einer heterosexistischen Lebenswelt zurückweist und am Ende symbolisch eliminiert.

Nun aber findet Tarantinos „Death Proof“ in dieser ersten Frauengruppe nicht sein Ende, sondern nach einer kurzen Zwischensequenz begegnen wir filmisch einer weiteren Frauengruppe. Diese Gruppe wird von Beginn an, im Gegensatz zur ersten Gruppe, sehr heterogen charakterisiert. Es finden sich auf der einen Seite zwei Stuntfahrerinnen, auf der anderen Seite, eine, symbolisch in eine Cheerleaderinnenuniform gesteckte, Frau, die gleich zu Beginn der Handlung in einem Geschäft mehrere Ausgaben der Modezeitschrift „Vouge“ kauft und damit habituell direkte Verbindungslinien zur ersten Frauengruppe setzt. Zwischen diesen beiden Gruppen, wenn denn die letzt genannte in ihrer Singularität als Gruppe bezeichnet werden darf, findet sich eine vierte Akteurin, die vom Verhalten, Zeit der Handlung, zwischen den beiden Gruppen schwangt, sich letzten Endes aber doch der Gruppe der Stuntfahrerinnen anschließt, was die Endszene, auf die später noch zurückzukommen ist, symbolisch in Szene setzt.
Auch dieser Gruppe folgen wir während der Ereignisse eines Tages. Nur lernt eben diese Gruppe Stuntman-Mike nicht in einer Kneipe kennen, sondern er folgt ihnen bereits von Beginn an. Mikes Charakter wird hierbei zuerst sogar, wenn auch nur sehr schemenhaft, mit einer sexuellen Determination versehen. Er beobachtet und begiert in einer der ersten Szenen, dieser zweiten Hälfte des Films, die Füße einer der Frauen, die diese aus dem Fenster des Autos gestreckt hat. Diese Szene ist zwar dominierend als eine Hommage an Tarantinos andere Werke zu verstehen, so sind Szenen, in denen weibliche Füße den Fokus bilden, neben der berühmten Kameraeinstellung aus dem Kofferraum heraus, wiederkehrendes Motiv im Schaffen von ihm.
Auf der anderen Seite aber ist es gerade diese Szene, die Mike nochmals als einen innerlich sehr zerrissenen Charakter darstellt. So ist ihm die Weiblichkeit, die er in seinem tiefsten Inneren doch so fürchtet und auch der Eliminierung zuführen möchte, doch etwas, dass ihn auch zu berühren vermag und dem er sich doch auch zugewandt fühlt. Das diese Gefühle, wenn sie denn überhaupt als solche definiert werden können, aber vom Drang des Vernichtens übermannt werden, kredenzt direkt die, auf diese Szene folgende, Einstellung. Mike stalkt die Mädchen und wir, als RezipientInnen wissen bereits jetzt, was der Höhepunkt dieses schrecklichen Spiels sein wird.
Die Erlebnisse der Gruppe zentrieren sich innerhalb dieses Teils der filmischen Narration um ein seltenes Auto, natürlich ein, wie sollte es anders sein, amerikanisches Muscle-Car. Aufmerksam wurden die Frauen der Gruppe auf dieses Auto durch eine Anzeige in einer Zeitung. Ziel der Gruppe, allen voran der beiden Stuntfahrerinnen, ist es ab diesem Zeitpunkt, unbedingt eine Probefahrt mit diesem Auto zu unternehmen, was im Verlauf der Handlung, logischerweise, dazu führen muss, dass die Akteurinnen auf dem Hof des Besitzers aufkreuzen. Der Besitzer des Autos entpuppt sich hierbei jedoch, wie sollte es auch anders sein, als eine dreckige und machohafte Inkarnation eines Red-Neck-Stereotypen. Und in dieser Funktion ist dem Mann auch nicht so sehr an dem Wohlergehen seines Autos gelegen, denn mehr an seinem persönlichen sexuellen Wohlbefinden, was eventuell eine der Frauen doch deutlich steigern könnte. Tarantinos Lösung dieser Problemlage (die Frauen wollen das Auto, der Mann, relativ offensichtlich, körperliche Zuwendung) ist hierbei in direkter Korrelation zu der Tötung der ersten Gruppe zu setzen. Die Frauen entscheiden sich, eine aus ihrer Gruppe als Pfand gegen das Auto einzutauschen. Natürliche ohne das Wissen und die Zustimmung dieser Auserwählten.
Das es sich bei dieser Person um keine andere handeln kann, als die, die uns zu Beginn, so symbolisch, im Cheerleaderoutfit vorgestellt wurde, ist hierbei logische Konsequenz. Auf der symbolischen Ebene entledigen sich die Frauen mit dieser Exklusion dem Teil von Weiblichkeit, der sich am meisten im Spiegel eines imaginierten männlichen Begehrens geformt hat. Das Symbol für diesen Prozess der Subjektwerdung sind hierbei ganz klar die Modezeitschriften, sowie das Outfit. Eben dieses Element wird nun aus der Gruppe ausgeschlossen und damit zugleich einem radikalen, filmisch realen, männlichen Begehren, in Form des Bauern, preis gegeben. Das innerhalb dieser Szene dezidiert Implikationen von sexuellem Missbrauch mitschwingen, wirkt, den obigen Ausführungen folgend, demnach umso krasser, da wiederum impliziert wird, dass sich die Frau, gründend in ihrer Konstituierung, auch selbst zum Teil als Opfer erschafft. Jedoch ist diese Szene für die Konstituierung der restlichen Frauengruppe von enormer Bedeutung. So spalten sie nicht nur den Teil ab, der innerhalb ihrer Gruppe eine regressive Imagination von Weiblichkeit symbolisiert hat, sondern sie inklusivieren zugleich das andere Mitglied der Gruppe in ihre Imagination von Weiblichkeit. Die zögernde wird sich somit im Verlauf der anstehenden Szenen als ein vollwertiges Mitglied in dieser neuen Gemeinschaft beweisen (müssen).
Die Frauen bekommen also letztendlich den Wagen ausgeliehen und begeben sich mit ihm auf eine waghalsige Spritztour, während der sie entscheiden, eine von sich, mittels Gürteln, auf der Motorhaube zu fixieren.
Für Stuntman-Mike schlägt nun wiederholt die Stunde seiner Rolle als Exekutor und so versucht er auch dieses Mal die Frauen mit seinem Gefährt von der Bahn abzudrängen und somit dem Schicksal eines tödlichen Unfalls zuzuführen. Den Frauen gelingt es aber, Grund ihrer Erfahrungen als Stuntfahrerinnen, diesem Schicksal zu entgehen. In diesem Punkt ist wiederum ein klarer Bezug auf die vorherigen Filme Tarantinos, wie „Kill Bill“ oder „Jackie Brown“, zu erkennen. Den Frauen gelingt es, die Angriffe der Männer abzuwehren, weil sie in ihrer Selbstkonzeption männliche Verhaltensmuster assimiliert haben. In „Death Proof“ handelt es sich hierbei um die Kunst des Autofahrens, die fast immer nur Männern in vollem Umfang zugestanden wird, auch wenn es für eine solche Zuschreibung keinerlei logische Grundlagen gibt. Jedenfalls beherrschen die Frauen das Territorium, in dem Mike sie richten möchte, besser als eben dieser, was dazu führt, dass Mike vom Jäger zur Beute wird. In einer kurzen, aber doch sehr körperbetonten Inszenierung, gelingt es den Frauen Mike mittels einer Schusswaffe ernst zu verletzten und in die Flucht zu schlagen. Da die Frauen das Gelände, auf dem Mike sich, gründend in seiner relikatartigen Existenz, doch anscheinend so sicher zu bewegen vermochte, besser beherrschen als er selbst, kehren sie nun den Spieß um, und beginnen Mike zu jagen. Diese Jagd muss hierbei auch, auf symbolischer Ebene, als eine Revolution gegen die Heteronormativität der Bilder, die in Mike Konzentration erfährt, angesehen werden. Die „neuen“ Frauen setzen sich gegen die „alten“ Männer, nicht nur symbolisch zu Wehr und bekämpfen sie in ihrem orginären Jagdgebiet.
Letztendlich ist es Mike, der die Jagd verliert, von den Frauen gestellt wird und, wiederum höchst symbolisch, im Faustkampf von den Frauen getötet wird. Den finalen Schlag setzt dabei die Frau, die zu Beginn der Episode zwischen den beiden Frauenpolen schwankte, sich aber durch den finalen Todesstoß zu einem vollwertigen Mitglied der Gruppe wandelt. Hier endet der Film. Das Ende des Films ist somit nicht nur das Ende von Stuntman-Mike, sondern auch das Ende der phallozentrischen Ordnung, die der tote Mike und sein zerstörtes Gefährt verkörperten und symbolisierten. Die neue Imagination von Weiblichkeit im Action-Film siegt letzten Endes über die alten, heternormativen, Heroen, die ihre Macht allein aus dem Phallus zu speisen vermochten. Somit ist dieses Ende nicht nur ein Sieg der neuen Bilder über die Alten, sondern ein Sieg Bellerophons über die Chimäre, auch wenn eben dieser griechische Held in Trantinons Vision eine Gruppe von Frauen ist. Tod sind alle Heroen, lang leben die neuen Heldinnen!


Literatur:
Ahrendt-Schulte, Ingrid: Weise Frauen – böse Weiber. Die Geschichte der Hexen in der Frühen Neuzeit, Freiburg, 1994Ahrens, Jörn: Wie aus Wildnis Gesellschaft wird. Kulturelle Selbstverständigung und populäre Kultur am Beispiel von John Fords 'The Man Who Shot Liberty Valance', Wiesbaden, 2012Barthel, Korinna: Das Quentchen Gewalt. Heiße und kalte Gewalt in den Filmen Quentin Tarantinos, Marburg, 2005Baudrillard, Jean: Der symbolische Tausch und der Tod, München, 1982Ders.: Kool Killer oder der Aufstand der Zeichen, München, 1978Cuntz, Vera: SheDevils. Kaneto Shinados Onibaba & Kuroneko, in: :Ikonen:, einzusehen unter: http://www.ikonenmagazin.de/artikel/Shindo.htm. Letzter Zugriff am 22.03.2013 um 20:07 Uhr.
Dijkstra, Bram: Das Böse ist eine Frau. Männliche Gewaltphantasien und die Angst vor der weiblichen Sexualität, Hamburg, 1999Fischer, Robert, u.a.: Quentin Tarantino, Berlin, 2004Howard, Josiah: Blaxploitation Cinema: The Essential Reference Guide, Fab Press, 2008Jünger, Ernst: In Stahlgewittern, Stuttgart, 1978Kaltenecker, Siegfried: Ich bin die,der ich bin. Das männlich-heterosexuelle Crossdressing und die Komödie In: Ders., Spie(ge)lformen. Männlichkeit und Differenz im Kino, Basel, 1996
Monaco, James: Film verstehen. Kunst.Technik.Sprache.Geschichte und Theorie des Films und der neuen Medien, Hamburg, 2007Stiglegger, Marcus: Inquisition, in: Splatting Image, einzusehen unter: http://www.ikonenmagazin.de/artikel/hexen_nonnen.htm. Letzter Zugriff am 22.03.2013 um 20:06ders.:Ritual und Verführung. Schaulust, Spektakel und Sinnlichkeit im Film, Berlin, 2006Theweleit, Klaus: Männerphantasien 1+2, Frankfurt am Main, 2000Verwendete Filme:
Alle Filme unter der Regie von Quentin Tarantino sind aus der folgenden Veröffentlichung:Stuidocanal: Tarantino XX – 20 years of Filmmaking, Blu-Rays, 20131Alle Tarantino Filme die Versionen aus der folgenden Gesamtwerksveröffentlichung: Stuidocanal: Tarantino XX – 20 years of Filmmaking, Blu-Rays, 2013
„From Dusk Till Dawn
2Howard, Josiah: Blaxploitation Cinema: The Essential Reference Guide, Fab Press, 2008
3Samules, Stuart: Midnight Movies: From the Margin to the Mainstream, 2005. Vgl. http://www.imdb.com/title/tt0457414/. Letzter Zugriff am 21.03.2013 um 22:41 Uhr.
4 Barthel, Korinna: Das Quentchen Gewalt. Heiße und kalte Gewalt in den Filmen Quentin Tarantinos, Marburg, 2005
5 Stiglegger, Marcus: Ritual und Verführung. Schaulust, Spektakel und Sinnlichkeit im Film, Berlin, 2006
6Howard, Josiah: Blaxploitation Cinema, a.a.O.
7Kaltenecker, Siegfried: Ich bin die,der ich bin. Das männlich-heterosexuelle Crossdressing und die
Komödie. In: Ders., Spie(ge)lformen. Männlichkeit und Differenz im Kino, Basel und
Frankfurt/Main, Stroemfeld, 1996
8Tarantinos Werk wird hierbei nicht in der „Grindhouse“-Version rezitiert, sondern in der deutschen Kinofassung, die der Studiocanal-Veröffentlichung entstammt.
9 Diestelmeyer, Jan: M. Butterfly (1993). In Marcus Stiglegger (Hg.), David Cronenberg, Berlin, Bertz + Fischer,
2011, 212-216.
10Stiglegger, Marcus: Ritual und Verführung, a.a.O.
11Jünger, Ernst: In Stahlgewittern, Stuttgart, 1978
12Baudrillard, Jean: Der symbolische Tausch und der Tod, München, 1982 sowie: Ders.: Kool Killer oder der Aufstand der Zeichen, München, 1978
13Ahrens, Jörn: Wie aus Wildnis Gesellschaft wird. Kulturelle Selbstverständigung und populäre Kultur am Beispiel von John Fords 'The Man Who Shot Liberty Valance', Wiesbaden, 2012

Am Würstelstand nachts um halb zwei – Identität und Subjektgenese. Eine Polemik

Gesamter Artikel als kostenloser Download : Hier!

„Ich möhte irgendwas für dich sein.
Doch am Ende bin ich nur ich selbst.“
-Tocoronic-



Ich..., du..., wir..., die Anderen..., Identität...und Identitätskonstruktion...Halt, Stopp! Mir rauscht jetzt schon der Kopf. Perfekt.
Denn per se ist dieses Rauschen im Kopf ein guter Ausgangspunkt für unsere Überlegungen.

Versuchen wir uns doch mal gemeinsam an den letzten Abend zu erinnern, an dem wir uns richtig fett auf den Weg zum nächstbesten Würstelstand gemacht haben.
Dem französischen Philosophen Jean Paul Satre geht die Essenz der Existenz immer voraus. Was eigentlich nicht mehr heißt, als das der Gang zum Würstelstand (Existenz) immer meist dann erst erfolgt, wenn der Mensch richtig fett ist (Essenz). Gerade Letzteres ist, grob vereinfacht, auch jener Moment, den Martin Heidegger unter dem „in die Welt geworfen sein“ begreift. Wir irren fett umher und suchen nach Sinn, beziehungsweise dem Imbiss der noch offen hat.

Was aber nun hat das, was wir unter dem Begriff der Identität versuchen wollen zu fassen, mit dem Würstelstand zu tun? Ganz einfach: Den Moment der Wahl. Ebenso, wie wir uns am Stand schon in der Schlange Gedanken machen, was wir denn nun alles nehmen, wieviel Geld noch in unseren Taschen steckt und dann doch wieder alles verwerfen, weil der vor uns in der Reihe Stehende sich auf die Schuhe gekotzt hat und deswegen ganz unerwartet und spontan dran kommen, so besteht auch unsere Identität aus vielfältigen Entscheidungen. Seien diese nun aktiver oder zugeschriebener Natur.

Räumen wir anhand unseres Beispiels aber erst einmal mit einigen Allgemeinplätzen auf.
Vielleicht mögen wir Käsekrainer unheimlich gern, weil unser Vater immer schon welche gegessen hat und unsere ganze Familie zuvor auch. Das wir deswegen aber zwangsläufig nur Käsekrainer essen, ist, mit Verlaub, Unfug. Ebenso verhält es sich mit dem Faktor der verschiedenen Sozilisationsinstitutionen in Bezug auf die Subjektgenese.

Gleichfalls funktioniert das, was hier vereinfacht unter dem Begriff „Kultur“ summiert werden soll, nicht wie ein Container. Auch, wenn die FPÖ gerne hätte, dass Österreich aus Lederhosen, Bier und Andreas Gabalier bestehen würde, so beweist MC Strache doch allein mit seinen Rapvideos das genaue Gegenteil. SoziologInnen sprechen hier vom Effekt der Glokalisierung. Globale Phänomene, die sich mit lokalen Gegebenheiten zu etwas Neuen vermischen. Am Würstelstand ist dieses Phänomen spätestens dann erkennbar, wenn der Kollege sich ein Schnitzel im Fladenbrot und Joghurtsauce bestellt und dazu den treffenden Namen „Melting Pot“ benutzt.

Widmen wir uns also wieder dem Moment der Wahl und dessen Auswirkungen auf die Identität. Wir zuvor dargestellt, hängt unsere Wahl am Würstelstand von vielen Faktoren ab. Einige davon können wir beeinflussen, andere nicht. Wieviel Geld habe ich noch? Schmecken mir Würstle um 2 Uhr Nachts überhaupt noch? Und will ich noch ein Bier dazu oder lieber einen Schnaps? Andere aber liegen außerhalb unseres individuellen Seins und sind Resultate von Entscheidungen der Anderen, beziehungsweise all dem, was uns umgibt. Hat der Stand Ottakringer oder Stiegel? Warum gibt es keine Pommes mehr und warum zur Hölle gibt es hier grindige vegane Würstchen?
Adorno und Horkheimer würden an dieser Stelle auf den dialektischen Charakter von Identität und Konstruktion verweisen. Was nichts anderes heißt, als dass ich zwar beim Würstelstand meine frei wählen zu können, allerdings immer froh sein muss, dass der Prolet, dem der Stand gehört, mir nicht eine auf die Goschen haut.

Es ist aber gerade jener Moment der Wahlfreiheit der wiederum einen Allgemeinplatz abbildet, den jede/r von uns mindestens schon dreimal in seinem Leben gehört hat: „Die Welt wird immer komplizierter.“
Und in der Tat, wir müssen wählen. Ottakringer, Stiegel, Puntigamer, Schwechater oder...wäh, pfui, ein importiertes Heineken.
Warum aber gerade diese Entscheidungen von komplizierterer und existentiellerer Art sein sollen, als jene Entscheidungen, die Menschen Jahrhunderte vor uns treffen mussten, wissen meist nur die Leute, die eben diese Rhetorik pflegen. Und das Entscheidungen bei weniger Wahlmodalitäten einfacher sind, weiß jede/r nach Wien Zugezogene spätestens dann, wenn einem die obligatorische Frage „Austria oder Rapid?“ ins Gesicht schlägt.

Wovon wir uns verabschieden müssen ist die ganzheitliche und totalitäre Vorstellung einer singulären Identität. Es mag zwar Menschen geben, die, wenn sie nachts fett umherirren, Stunden damit verbringen einen Würstelstand zu finden, die meisten von uns aber geben sich auch mit einem Döner, einer Pizza oder dem nahegelegenen Asiaten zufrieden.



Die Theoretikerinnen nennen diesen Effekt „partikulare Identität“. Klingt kompliziert, verweist aber auf nicht mehr als auf den Umstand allein, dass wir als Subjekte verschiedenartige Konzepte von Identitäten in uns vereinen und mit verschiedenartiger Gewichtung nach Außen hin gerichtet präsentieren und repräsentieren. Fragen wir den Besitzer unseres Würstelstands, was er unter Identität versteht, dann bekommen wir vielleicht als Antwort: „Männlich, stolzer Besitzer einer Gemeindebauwohnung in Florisdorf, Mitglied im Schützenverein und achja, seit 25 Jahren verheiratet.“
Würden wir die anderen Menschen in der Schlange fragen, so würden wir wiederum ganz andere Antworten erhalten. Dem Horrorszenario folgend, dass wir uns vielleicht sogar im 7. Bezirk an einen veganen Würstlestand verirrt haben, würden die Antworten wahrscheinlich sogar komplett anders ausfallen als beim unseren florisdorfer Urwiener - auch wenn eine Studentin aus Japan die beiden primär erstmal beide als Österreicher kategorisieren würde und damit auf einen Moment kollektiver Identität verweist, dem die beiden angehören: Der konstruierten nationalen Identität als Österreicher. Oder wie Sebastian Kurz sagen würden: #stolzdrauf.

Viele Konflikte sind demgemäß Konflikte in denen Individuen oder Kollektive Teile ihrer Identität zum singulären Merkmal erheben und andere Individuen und Kollektive dergestalt hierarchisieren und diskriminieren. Auch dies lässt sich ganz leicht und wunderbar am Würstelstand beobachten. Wenn ich dort stehe und dem hinter mir Stehenden mal ordentlich eine mitgebe, weil er meine Meinung nicht teilt, dass es auf dieser Welt nur Käsekrainer geben sollte und das dieser Stand hier im (bitte einen Bezirk nach Wahl einsetzen) sowieso der einzig wirklich Richtige Würstelstand in Wien ist, dann zeigt das erstmal, das ich ein Arschloch bin. Auf der anderen Seite zeigt es aber auch, dass mir Käsekrainer und das Gefühl der Zugehörigkeit zu diesem einem Stand so wichtig sind, dass ich sie über andere Teile meiner Identität setze und als singulären Moment nach außen hin repräsentiere. Auch, wenn die Repräsentation mit der Faust eine doch sehr grindige ist.

Es zeigt aber auch, dass Menschen, die ihre Identität oder das Kollektiv dem sie sich zugehörig fühlen, derart singulär repräsentieren, nicht um andere Konzepte wissen. Na klar weiß ich, dass ein Frankfurter auch mal leiwand sein kann und das der Stand direkt nebenan die besseren Semmeln hat. Ich versuche diese Momente des Wissens aber bewusst zu vergessen, damit die anderen Konzepte ihre Dominanz entfalten können.

Und so endet unsere Nacht am Würstelstand. Aber folgen wir kurz noch einer ahnungslosen Passantin, die die Szenerie passiert. Was würde sie sehen? Wahrscheinlich nur ein paar Proleten, die sich auf die Goschen hauen, weil der eine nicht einsehen will, dass ein Frankfurter ebenso leiwand sein wie ein Käsekrainer und einen Typen der sich die Hose vollgekotzt hat.

Proleten und Asoziale, die Nachts um 2 Uhr am Würstelstand herumhängen bleiben sie für die Frau in diesem Moment aber alle. Das ist dann wiederum der Moment kollektiver Identitätszuschreibung. Mal ganz davon abgesehen, dass ich in Wahrheit doch Piefke bin...