Donnerstag, 24. Januar 2013

Ich leide, also darf ich sein – Vergesellschaftung als Schmerz James Wans Film „SAW“ als radikal regressive Gesellschaftskritik


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 „Was Braquemart betrifft, so waren alle Züge des späten Nihilismus an ihm sehr ausgeprägt. Ihm war die kalte, wurzellose Intelligenz zu eigen und auch die Neigung zur Utopie. Auch faßte er wie alle seinesgleichen das Leben als ein Uhrwerk auf, und so erblickte er in Gewalt und Schrecken die Antriebs-Räder der Lebensuhr.“1

Es mag irritierend, wenn nicht gar befremdlich anmuten eine Arbeit wie diese mit einem Zitat aus dem jüngerschen Werk „Auf den Marmor-Klippen“ zu beginnen. Erst recht dann, wenn, wie ich dies im Folgenden unternehmen werde, nicht Jüngers Prosa-Werk, dem der zitierte Satz entstammt, als primäres Objekt der Behandlung herangezogen werden soll, sondern dessen heftig umstrittener Essay „Über dem Schmerz“, der erstmalig im Jahr 1934 Veröffentlichung erfuhr2.

Zu sehr erscheinen Jüngers Werke ihrer Zeit und den historischen Umständen, denen sie entspringen3, verhaftet. Und immer noch wird Ernst Jünger im Lichte seines, gerade während der Jahre nach dem ersten Weltkrieg und vor dem zweiten Weltkrieg, erfolgten intellektuellen Engagements für die radikale Rechte in der Weimarer Republik be- und auch verurteilt.
Allein die obig zitierten Sätze, dessen letzter Satz, das sei an dieser Stelle vorweggenommen, eine Art Zusammenfassung der im Essay „Über den Schmerz“ formulierten Ideen abbildet, befremdet mit seiner Fokussierung auf die „Gewalt und den Schrecken“4 als „die Antriebs-Räder“ der Lebensuhr“5 und erscheint in dieser Ausformation in keinster Weise mehr anschlussfähig an unsere derzeitige Gesellschaft und deren Wertekosem.

Und doch sind Jüngers Gedanken aus seinem Essay „Über den Schmerz“ aktueller und in unserer Gesellschaft präsenter denn je. Nicht in unserem alltäglichen individuellen und kollektiven Umgang mit dem Schmerz, den wir schon lange nicht mehr als das Antriebsrad unser aller Entwicklung begreifen, denn vielmehr in der aktuellen populären Kultur. Jörn Ahrens leitet in seinen Essay „Die Zelluloid-Zeit . Die Rote Armee Fraktion (RAF) im deutschen Spielfilm “6 mit den folgenden Sätzen ein:

Von Karl Marx stammt der Satz, die Geschichte ereigne sich immer zweimal, beim zweiten Mal jedoch als Farce. Diesen klugen Satz muss man im medialen Zeitalter umformulieren: Geschichte ereignet sich immer zweimal, beim zweiten Mal jedoch als Film. “7

Und nicht nur im von Ahrens fokussierten Bereich der Medialisierung von historischen Ereignissen, formuliert dieser Satz eine Wahrheit aus, sondern auch in Bezug auf die Wiederbelebung von Ideen und Gedankenkonstrukten.

Angewidert von Menschen, die undankbar und achtlos mit ihrem Leben und denen anderer Menschen umspringen, will der 'Jigsaw-Killer' seinen Opfern wieder Demut und Dankbarkeit für die Gabe des Daseins lehren.“8

Wie das obige Zitat, entnommen der DVD-Verpackung, aufzeigt, konzentriert sich der Film „SAW“ wie kein anderer des Genres, auf das Gefühl des Schmerzes und dessen Funktion als Moment der gesellschaftlichen Integration. Was der „Jigsaw“ Killer, dass werden die folgenden Seiten offenlegen, seinen Opfern antut, ist zwar immer ein Schmerz, der auf individueller Ebene wahrgenommen und rezipiert wird9, jedoch zugleich immer noch eine ideologisch zutiefst determinierte Dimension des Schmerzes als Mittel der Vergesellschaftung in ein Kollektiv integriert und mittransportiert. Eine Dimesion, die bislang innerhalb der Beschäftigungen mit dem Film „SAW“ so nie offengelegt wurde, seine Relevanz aber gerade aus der Nähe zum jüngerschen Gedankengebäude speißt und dessen Kern per se eine radikal regressive Kritik formt.

Erklärtes Ziel dieser Arbeit soll es deswegen sein, in Anknüpfung an diese kurze Einführung in die Problemstellung, die Gedanken Ernst Jüngers über den Schmerz als einen der dominierenden Momente der gesellschaftlichen Konstitution zusammenzufassen und im Anschluss an diese Darstellung aufzuzeigen, inwieweit der Film eben diese Ideen und Gedankenkonstrukte Jüngers in das Medium Film transformiert und transferiert und damit letztendlich zu einem Moment der Pop-Kultur erhebt, den wir alle genüsslich im Kino rezepieren können, beziehungsweise schon längst rezipiert haben!



Aus dem Inhalt: 

Inhaltsverzeichnis

  1. Vom Haken und Sägen – Vergesellschaftung als Schmerz im Medium Film am Beispiel von James Wans „SAW“
    1.1. Methodologische und inhaltliche Vorbemerkungen
    1.2. Hypothesen
  2. Das Phänomen „SAW“ - eine kurze Einleitung
    2.1. Fortsetzungen
    2.2. Die besondere Situation der Filmreihe in der Bundesrepublik Deutschland
    2.3. Kurzer inhaltlicher Abriss von „SAW“
  3. „torture porn“ versus „Terror-Film“ eine Ein- und Abgrenzung nach Marcus Stiglegger
  4. Der Schmerz als Moment der gesellschaftlichen Konstitution und Integration des Individuums in Ernst Jüngers Essay „Über den Schmerz“
    4.1. Gesellschaftliche Dimensionen des Schmerzes
    4.2. Individuelle Dimensionen
  5. Der Film „SAW“ als Medialisierung und Modernisierung der Ideen von Ernst Jünger
    5.1. Jigsaw als Symbol und Exekutor einer gesellschaftlichen Ordnung im Geiste Ernst Jüngers
    5.2. Das extreme Körperkino als Metaebene der gesellschaftlichen Reflexion und als Moment der Überführung in eine radikale Ausformung von Kritik
    5.3. Das Leiden und der Schmerz als Kernelemente einer radikal regressiven Kritik an einer Gesellschaft des Spektakels
  6. Fazit
  7. Quellen


1Jünger, Ernst: Auf den Marmor-Klippen, Hamburg, 1939 S. 106
2Jünger, Ernst: Über den Schmerz. Erstdruck in: Jünger, Ernst: Blätter und Steine, 1934.
Die Fassung, die dieser Arbeit zu Grunde liegt: Jünger, Ernst: Über den Schmerz, in: Jünger, Ernst: Sämtliche Werke. Zweite Abteilung. Essays. Band 7. Essays I. Betrachtungen zur Zeit, Stuttgart, 1980 S. 145-191
Im Folgenden abgekürzt mit Jünger, Ernst: Über dem Schmerz, 1980
3Der Essay „Über den Schmerz“ somit ein Jahr nach der Machtergreifung der NSDAP im Jahr 1933 und der damit einhergehenden radiaklen Umformung der staatlichen Konstitution und „Auf den Marmor-Klippen“ aus dem Jahr 1939 als Werk, dass unmittelbar während des Ausbruchs des zweiten Weltkrieges erscheint.
4Jünger, Ernst: Auf den Marmor-Klippen, Hamburg, 1939 S. 106
5Ebd.
6Ahrens, Jörn: Die Zelluloid-Zeit . Die Rote Armee Fraktion (RAF) im deutschen Spielfilm , in: n: Zeit-
geschichte-online , 2007. Einzusehen unter: http://www.zeitgeschichte-online.de/zol/portals/_rainbow/documents/pdf/raf/ahrens_rafimfilm.pdf . Letzter Zugriff am 11.06..2012 um 10:39 Uhr
7Ebd. S.1
8Entnommen: Saw.Collectors Edition. DVD-Edition. Kinowelt Home Entertaiment GmbH, Leipzig, 2004
9Ausdrücke wie „torture-porn“ fokussieren diese individuelle Dimension des Schmerzes der in den Filmen zur Schau gestellt wird unter Ausblendung der kollektiven Dimension des Schmerzes, die das Gedankengebäude des „Jigsaw“-Killers integriert.   


1 Kommentar:

  1. http://www.schnittberichte.com/news.php?ID=4849

    Aufnahme des Beschlagnahmebschlusses von SAW 7

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